Dieser Artikel befasst sich mit Tarnfirmen auf den Britischen Jungfraueninseln. |
Seit einigen Jahren schon ist die Tendenz sichtbar, dass unseriöse Firmen ihre Identität verschleiern, indem sie Tarnfirmen in Übersee gründen. Möglichst in Steueroasen, und in Ländern, in denen es z.B. kein öffentlich abrufbares Handelsregister gibt. So dass niemand nachvollziehen kann, ob die "Firma" überhaupt dort tatsächlich eingetragen ist. Manchmal ist das nicht einmal der Fall, und dann kommt z.B. oft die Post als unzustellbar zurück.
Selbst, wenn eine Firma in so einem obskuren Überseestaat wirklich eingetragen sein sollte, dann besagt dies noch nicht viel. Papier ist in solchen Staaten geduldig. Und dort ist es offiziell zulässig, dass Einträge zu Firmen vorgenommen werden, die in Wirklichkeit dort keinesfalls ihren Geschäftssitz haben. Tatsächlich gibt es bei solchen Tarnfirmen am angegebenen Ort dann überhaupt gar keine Geschäftstätigkeit. Sondern dort steht nur ein Briefkasten.
Betreut wird dieser Briefkasten von einem obskuren Dienstleister, z.B. einer Vermittlungsagentur zur Gründung solcher Firmen, oder von einem dubiosen "Trust". Der Dienstleister leert den Briefkasten und sendet die Post weiter an den tatsächlichen Ort, wo sein Auftraggeber, der Gauner, seinen Sitz hat. Dessen Namen und Anschrift ist nur dem Dienstleister bekannt, Auskunftsersuchen deutscher Behörden werden weder vom Dienstleister noch von den Behörden des Überseestaates zielführend beantwortet. Diese Staaten pflegen mit der Bundesrepublik Deutschland kein Rechtshilfeabkommen. Es gibt keine Möglichkeit, den Inhaber einer solchen Tarnfirma rechtlich zu belangen, es sei denn, es gelingt auf irgendeine Weise (etwa über die Verfolgung der Geldbewegungen) den Gangster in Deutschland zu ermitteln. Solche Ermittlungen sind jedoch kompliziert. Somit kann sich ein Gauner mit solchen Tarnfirmen leider oft vor der deutschen/europäischen Justiz verstecken.
Nicht zuletzt geschieht dies oft aus steuerlichen Gründen. Da diese Staaten meistens sogenannte "Nullsteueroasen" sind, unterhalten sie mit der Bundesrepublik Deutschland oft auch kein sogenanntes "Doppelbesteuerungsabkommen" ("DBA", mehr dazu im Wikipedia-Artikel über DBA). Eine schöne Gelegenheit, sich um die Unternehmenssteuern zu drücken.
Steuerrechtlich ist so eine Tarngründung natürlich höchst bedenklich. Wenn die tatsächliche Geschäftstätigkeit in Wirklichkeit in Deutschland (oder sonstwo in Europa) stattfindet, dann ist hier in der Regel vom Straftatbestand der Steuerhinterziehung auszugehen. Die deutschen Finanzbehörden erkennen solche "Adressen" auch nicht als "Geschäftssitz" an, sobald es auch nur den leisesten Hinweis auf eine Geschäftstätigkeit in Deutschland gibt. Dazu reicht es z.B. schon aus, dass ein "Unternehmen" ein Lager oder ein werbendes Callcenter in Deutschland führt. Sobald das der Fall ist, geht die Finanzbehörde von einer sogenannten "Betriebsstätte" in Deutschland aus. Hier greift dann bei "Geschäftsadressen" aus Ländern, mit denen es kein DBA-Abkommen gibt, schon beim begründeten Verdacht die Beweislastumkehr. Das heisst, der Firmeninhaber (so er denn zu ermitteln ist...) wird dann gegenüber der Finanzbehörde aktiv nachweisen müssen, dass die Geschäftstätigkeit im Sinne der Verwaltung und Buchführung etc. tatsächlich von genau diesem Überseestaat aus erfolgt.
Zur Ermittlung der Geldbewegungen verfügen die Finanzbehörden inzwischen über mannigfaltige Mittel, z.B. mittels Einsichtnahme in die Konten. Kaum eine deutsche Bank wird für eine obskure Überseefirma in Deutschland ein Konto führen wollen. Selbst, wenn eine Bank das täte, würden die diesbezüglichen Geldbewegungen sofort den Finanzbehörden zur Kenntnis gelangen, aufgrund der umfangreichen aktiven Meldepflichten bei Geldbewegungen zu Kontoinhabern aus solchen Staaten.
Trotzdem scheint dieser Umstand so manchen dubiosen Zahlungsdienstleister, aber auch so manches Inkassobüro nicht davon abzuhalten, Geschäfte mit getürkten Überseefirmen zu machen und Zahlungen weiterzuleiten. Es ist hier jedoch stets davon auszugehen, dass diese Zahlungen eben nicht an eine Person in diesem Überseestaat gehen, sondern auf mehr oder weniger indirekten Wegen bei dem tatsächlich z.B. in Deutschland ansässigen Gauner enden, abzüglich einer Provision. Daher greift hier auch nicht die aktive Meldepflicht der Banken, weil die Gelder ja tatsächlich "in Deutschland bleiben". Trotzdem ist dieses Vorgehen für die Beteiligten eigentlich ein heißes Eisen, denn sie leisten oft Beihilfe zur Steuerhinterziehung, mindestens aber helfen sie mit, die Identität des Gauners zu verschleiern. Aufgrund des sehr schwachen Fahndungsdrucks im Bereich der Wirtschaftskriminalität in Internet und Telekommunikation scheint jedoch trotzdem das Aufdeckungsrisiko noch relativ gering zu sein.
Die Britischen Jungfraueninseln ("British Virgin Islands", im folgenden abgekürzt: B.V.I.) gehören zu den wenigen Offshore-Staaten, die mit Deutschland noch kein Doppelbesteuerungsabkommen, auch kein Rechtshilfeabkommen, geschlossen haben. Zudem sind die B.V.I. eine Nullsteueroase. Es gibt kein öffentlich abrufbares Handelsregister, Auskunftsersuchen werden nicht beantwortet. Das sind genau die typischen Voraussetzungen, wie sie ein Gangster zur perfekten Tarnung seiner Identität braucht.
Eben das richtige Bioklima für ein virtuelles Rattenloch.
Auf den B.V.I. gibt es bestimmte Tarnadressen, die bei obskuren, unlauter arbeitenden "Firmen" immer wieder auftauchen.
Eine solche typische Tarnadresse liegt auf Tortola, das ist die Hauptinsel der B.V.I. Der Hauptort von Tortola (gleichzeitig "Hauptstadt" der B.V.I.) ist Road Town. Diese "Stadt" ist nicht sehr groß, es gibt nur ca. 8600 Einwohner, immerhin aber einen Seehafen, in welchem auch Kreuzfahrtschiffe anlegen können.
Im Rahmen so einer Kreuzfahrt hatte denn auch ein Mitglied des Vereins Antispam e.V. im April 2010 die Gelegenheit, die schöne Insel Tortola nebst malerischer Hauptstadt einmal zu besichtigen. Da die Adresse "9 Pelican Drive" nicht weit vom Hafen entfernt liegt, genügte ein kurzer Spaziergang mit der Kamera, um sich die dortigen Gegebenheiten an der "Pelikanstrasse" einmal aus der Nähe zu veranschaulichen. Schließlich soll sich dort ja angeblich die Geschäftstätigkeit so ehrenhafter Weltfirmen wie z.B. der "Internet Media Ltd." entfalten, bekannt aus wertvollen "Gewinneintragungsprojekten" wie z.B. "Millionenexpress.com" (inzwischen umgezogen in ein deutsches Postfach in Rostock). Auch ein Gewinneintragungsdienst namens "Europachance Limited" soll dort momentan ansässig sein (wenn man dem Impressum auf der Webseite "p4m.org" glauben darf), wenn auch die Kunden lieber über ein Postfach in Rosenheim "betreut" werden sollen.
Auch eine "Marketing & Project Service Inc." will neuerdings angeblich dort als legal eingetragenes "Unternehmen" ihren Geschäftssitz haben, um für ein Projekt namens "win-finder.com" die Gelder für Gewinnspieleintragungen von den Telefonrechnungen der Verbraucher einziehen zu lassen.
Ein solch illustres Etablissement wollte sich unser Vereinsmitglied doch einmal näher anschauen. Angesichts der vielen Firmen von internationalem Rang, die sich alle dort angeblich tummeln, müsste man dort sicherlich mindestens ein exklusives Hochhaus vorfinden. Mit Glasfassade, Eingangshalle aus Marmor, Express-Lift, Security-Personal und allem drum und dran. Aber weit gefehlt. Schauen Sie sich das Rattenloch ruhig selbst an, und bilden Sie sich Ihre Meinung.
Es handelt sich um das sogenannte "Columbus Business Centre".
Außer einer Filiale der DHL Express findet man in dem Gebäude also ganze 5 Firmenschilder zu "Unternehmen" vor, deren Tätigkeit mehr oder weniger schwer bestimmbar ist. Von den weiter oben genannten "Gewinneintragungsfirmen" dagegen keine Spur. Vermutlich würde man am ehesten in einem der 329 Briefkästen fündig. Eine weitere große Briefkastenanlage steht in der Nibbs Street (ca. 250m Luftlinie und in Sichtweite vom Columbus Centre), dort waren Postfachnummern 800 bis 1000 angeschlagen. Darunter auch die berühmte Nummer 985 eines sattsam bekannten Würgeschlangen-Pornoanbieters.
Hier eine exemplarische Auflistung einer Anzahl unseriöser Unternehmen, die an der "Pelikanstraße 9" ihren angeblichen Geschäftssitz hatten oder noch haben (Stand: September 2010).
Win-Finder * Marketing & Project Service Inc. 9 Pelican Drive Road Town, Tortola VG1110 British Virgin Islands * Telefon: 01805329999 Fax: 01805015211 E-Mail: service@win-finder.com * Domain: win-finder.com *
Play4Me * Europachance Limited 9 Pelican Drive Road Town Tortola BVI * Postfach B005 Hans Thoma Straße 13 60596 Frankfurt Tel: 01805805778 Fax: 01805286321 * Domain: p4m.org
Eurochance49 * Europachance Ltd. 9 Pelican Drive Road Town Tortola VG 1110 British Virgin Islands * Postfach 205 Rusterstrasse 120 A-7000 Eisenstadt Tel: 01805369469 Fax: 01805448388 * Angaben inzwischen im Impressum geändert: Postanschrift: Eurochance49 Postfach 100131 83001 Rosenheim Deutschland * Telefon: 01805014901 Fax: 01805014902 * Domain: eurochance49.com
EuroWin2008 * Europachance Limited 9 Pelican Drive Road Town Tortola BVI * Postfach B005 Hans Thoma Straße 13 60596 Frankfurt Tel: 01805335620 Fax: 01805890510 * Angaben inzwischen im Impressum geändert: Eurowin 2008 Postfach 100131 83001 Rosenheim * Domain: ew08.net
Lottopool * Gewinner Inc. 9 Pelican Drive Road Town Tortola VG 1110 British Virgin Islands * Postfach 204 Rusterstrasse 120 A-7000 Eisenstadt Tel: 01805997677 Fax: 01805592006 * Angaben inzwischen im Impressum geändert: Postanschrift: Lottopool Postfach 100131 83001 Rosenheim Deutschland * Domain: lotto-pool.net
Lottoverbund * Lottoverbund Ltd. 9 Pelican Drive Road Town Tortola VG 1110 British Virgin Islands * Postfach 203 Rusterstrasse 120 A-7000 Eisenstadt Tel: 01805458180 Fax: 01805458190 * Angaben im Dezember 2009: Global Factoring Inc. 9 Pelican Drive Road Town Tortola VG1110 British Virgin Islands * Postanschrift: Lottoverbund Postfach 332 Lietzenburger Straße 53 10719 Berlin Deutschland * Telefon: 01805458180 Fax: 01805458190 Angaben inzwischen im Impressum wieder geändert: Postanschrift: Lottoverbund Postfach 332 Lietzenburger Straße 53 10719 Berlin Deutschland (Es handelt sich um ein Postfach des privaten Dienstleisters "Mail Boxes Etc.", und nicht um eine ladungsfähige Anschrift.) * Telefon: 01805014941* Fax: 01805014942* * Domain: lottoverbund.com
Millionenclub * All Service GmbH(!) 9 Pelican Drive Road Town Tortola VG 1110 British Virgin Islands * Postfach 206 Rusterstrasse 120 A-7000 Eisenstadt Tel: 0180577999704 Fax: 0180577999705 * Angaben inzwischen im Impressum geändert: * Postanschrift: Millionenclub Postfach 100131 83001 Rosenheim Deutschland * Telefon: 01805014911 Fax: 01805014912 * Domain: millionenclub.net
Millionenexpress * Internet Media Ltd. 9 Pelican Drive Road Town Tortola British Virgin Islands * Postfach 202 Rusterstrasse 120 A-7000 Eisenstadt * Postfach B011 Hans-Thoma-Strasse 13 60596 Frankfurt am Main Tel: 01805050456 Fax: 01805858808 * Angaben inzwischen im Impressum geändert: Postanschrift: MillionenEXPRESS Postfach 185 Doberander Straße 110-112 18057 Rostock (Hinweis: die Anschrift "Doberander Straße" ist falsch geschrieben, es müsste richtig heißen: Doberaner Straße. Es handelt sich um ein Postfach des privaten Dienstleisters "Mail Boxes Etc.", und nicht um eine ladungsfähige Anschrift.) * Telefon: 01805014929 Fax: 01805014930 * Domain: millionenexpress.com
Es fällt hier ein charakteristisches "Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel" auf. Es wird ein Karussell aus verschiedenen Adressen und Postfächern veranstaltet: mal ist der "Geschäftssitz" auf Tortola, mal in Postfächern in der Lietzenburger Str. 53 in Berlin, oder in der Doberaner Str. in Rostock, oder (früher) in der Hans-Thoma-Str. in Frankfurt, oder in Eisenstadt/Österreich.
"Ach, wie gut, dass niemand weiß, dass ich [$ beliebigen Namen einsetzen] heiß."
Aber es sind letztlich immer wieder dieselben virtuellen Tarn- und Deckadressen, die ständig untereinander ausgetauscht werden - wohl, um ein Verwirrspiel zu veranstalten bzw. die Spuren zu verwischen.
Auffällig ist hier auch das oft sehr ähnliche, teilweise identische Layout der Webseiten.
Fast alle Webseiten stehen beim Webhoster "Lasercrest Infrastructure" in den Niederlanden, die Nameserver für die DNS-Auflösung werden dagegen zum Teil von der Firma itellico in Wien betreut. Auffallend ist auch, dass viele Domains immer wieder mit dem bekannten Rudel-Pseudonym "Victor Vitti" als angeblichem Domainbesitzer registriert sind.
Eine Google-Suche nach dem Postfach 100131 in Rosenheim offenbart, dass sich in diesem engen Kästchen eine nahezu bemerkenswerte, aber auch kreative Betriebsamkeit entfalten muss. Dieses Postfach hatte wohl früher einmal dem Arbeitsgericht in Rosenheim gehört, wird aber jetzt von etlichen obskuren "Dienstleistern" als Anschrift für eine wie auch immer geartete "Kundenbetreuung" genutzt. Neben den bereits oben beschriebenen "Projekten", die dieses Postfach nutzen, findet man auch noch:
tip4you * Postanschrift: tip4you Postfach 100131 83001 Rosenheim * Telefon: 01805014804 Fax: 01805014805 E-Mail: service@tip4you.biz * Domain: tip4you.biz
Move-Star * Move-Star Postfach 100131 D-83001 Rosenheim * Telefon: 01805014951 Fax: 01805014952 E-Mail: service@move-star.net * Domain: move-star.net
BestSoft Inc. * Wickhams Cay 1 (Anmerkung: Hierbei handelt es sich um den Hintereingang der 9 Pelican Drive.) Tortola BVI * "Im Auftrag von:" IFK Institut für Kosmetikforschung * IFK AG Director: J. K. 1005 Country Club Avenue, Cheyenne, Wyoming 82001, USA * Kundenpost Europe: IFK AG, Postfach 100131, 83001 Rosenheim Telefon: 01805014949 * Telefax: 01805014950* * Die Webseite ist derzeit nicht erreichbar, aber im >>Google-Cache<< zu sehen. *
TeleMillions * TeleMillions Postfach 100131 83001 Rosenheim * E-Mail: service@telemillions.info Telefon: 01805014921 Fax: 01805014922 * Domain: telemillions.info
Es gibt noch viele weitere Gewinneintragungsprojekte, die dieses Postfach 10013 verwenden, darunter: erfolgsstrategie24.com, maxxcombi49.com, justwin.info, eu-star.info (Eurostar), aktiv-fuer-sie.com, winexperten.com, winschlau.com, deal49.net (<= erst vor wenigen Wochen registriert).
Ein ominöser "Quiz-Dienstleister" hätte gern die Widerrufserklärung ebenfalls auf das Rosenheimer Postfach 100131:
quizdienst.com/agb.php * Der Widerruf ist zu richten an: * Discovery Media Group Ltd. Postfach 100131 83001 Rosenheim E-Mail: info@quizdienst.com * quizdienst.com/impressum.php * quizdienst ist ein Angebot der: Discovery Media Group Ltd. Suite E-2 Union Court Building Elizabeth Avenue & Shirley Street P.O. Box N-8188 Nassau Bahamas
Die Tatsache, dass der "Anbieter" hierfür Geld sehen möchte, und zwar entgegen den Bestimmungen des § 66l TKG über die Telefonrechnung (!),versteckt sich im kleingedruckten, unauffäligen Hinweis auf der Anmeldeseite und in den AGB:
"a) Mit dem Abschluss des Vertrages hat der Teilnehmer einmal wöchentlich die Möglichkeit, am Geschicklichkeitsspiel teilzunehmen. Der Teilnehmer ist mit Abschluss des Vertrages verpflichtet den Abonnementbeitrag von 9,99 EUR inkl. MwSt. zu zahlen. Der wöchentliche Abonnementbeitrag wird wochenweise der Telefonrechnung des Teilnehmers belastet. Der Teilnehmer stimmt dieser Belastung zu. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass der Betrag auf diese Weise bezahlt werden kann." (Quelle: quizdienst.com/agb.php) |
Auf der Webseite "nachbii.com" scheint es dagegen eine Neuauflage des schon bekannten "Nachbarschaft"-Projektes zu geben. Der Preishinweis erscheint (wie bei diesen Abofallen üblich) nur in Kleinschrift und unauffällig. Und wieder findet man in den AGB dieses Rosenheimer Postfach:
"Widerrufsbelehrung
1. Widerrufsrecht Der Nutzer kann seine Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen nach Vertragsschluss ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht vor Vertragsschluss und auch nicht vor Erfüllung der Informationspflichten der Discovery Media Group Ltd. gemäß § 312c Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1, 2 und 4 BGB-InfoV sowie deren Pflichten gemäß § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 3 BGB-InfoV. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: Discovery Media Group Ltd. Postfach 100131 83001 Rosenheim E-Mail: info@nachbii.com" (Quelle: nachbii.com/agb.php) |
Und auch dort soll offenbar über die Telefonrechnung das Geld abgebucht werden.
Beide Domains wurden im April 2010 registriert und laufen auf dem üblichen Hosting-Nest bei Lasercrest. Bisher sind für diese beiden Projekte noch kaum einschlägige Google-Einträge zu finden, sie stehen möglicherweise in den Startlöchern.
Es zeigen sich deutliche Parallelen zu dem ebenfalls gerade erst neuen Abzockprojekt "win-finder". Das Geschäftsmodell, eine nicht telekommunikationsgestützte "Dienstleistung" (welche auch immer das sein soll...) über die Telefonrechnung einzuziehen, ist regelwidrig gegen § 66l TKG.
Bei der illustren Adresse in Nassau, Bahamas handelt es sich übrigens um die offizielle Geschäftsadresse der Zweigstelle der international tätigen Anwaltskanzlei "Mossack & Fonseca":
mossfon.tel » offices » bahamas Mossack Fonseca & Co. (Bahamas) Ltd. * Hauptkontakt Telefon pref +2423227601 * Arbeit Fax fax +2423225807 * Hauptkontakt Email internet bahamas@mossfon.com * Weitere Informationen prefAdresse – Office Location Suite E-2, Union Court Building, Elizabeth Avenue and Shirley Street, Nassau, Bahamas workGeschäftsadresse P.O. Box N-8188, Nassau, Bahamas
Diese Anwaltskanzlei bietet unter anderem die Gründung von "Fully Managed Companies", also: vollständig geführter Unternehmen, an. Auch dies mag auf den ersten Blick steuerrechtlich ein interessanter "Geschäftssitz" sein, weil die Bahamas (genau wie die B.V.I.) mit der Bundesrepublik kein Doppelbesteuerungsabkommen führen, und weil sie eine Nullsteueroase sind. Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass die Bundesrepublik Deutschland erst im April 2010 ein Auskunftsabkommen in Steuerangelegenheiten mit den Bahamas abgeschlossen hat.
Da die Firma Discovery Media Group Ltd. jedoch ausweislich der Angaben in den Impressi der Webseiten ein Postfach in Rosenheim führt, ist schwer anzunehmen, dass irgendjemand dieses Postfach auch leeren wird. Mithin ist mindestens eine Niederlassung oder Zweigstelle in Deutschland zu vermuten, mithin: steuerrechtlich eine deutsche Betriebsstätte. Angesichts des erst neuen Auskunftsabkommens darf man aber ganz fest davon ausgehen, dass die Discovery Media Group Ltd. die anfallenden Steuern für eine deutsche Betriebsstätte auch korrekt entrichtet.
Bei den betreffenden Webseiten handelt sich um eine ganz neue Masche. Der Abzocker gedenkt, damit elegant das Verbraucherrecht, vor allem das Widerrufsrecht, zu sabotieren. Und er will es ausnutzen, dass es für den Verbraucher ein Stück weit schwieriger ist, gegenüber dem eigenen Telefonprovider die Rechnung erst einmal bestreiten zu müssen. Der Abzocker will auf diese Weise das "Problem" mit den vielen Nichtzahlern bei den bisher bekannten Abofallen lösen. Freilich würde der Abzocker mit dieser Masche vor Gericht nicht durchkommen.
In unserem Forum sowie im Wiki-Info-Bereich gibt es bereits viele Informationen zu diesen Themen:
Sehr aufschlussreich ist manchmal auch eine Abfrage der Domains, die auf einem bestimmten "Netzblock" im Internet gehostet werden. Für die Abfrage des Blocks der IP-Adressen 85.131.223.128 bis 85.131.223.255 (Lasercrest, NL) bekam man am 10.09.2010 folgendes Ergebnis: